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ERSTE HILFE AM BERG: DAS MUSST DU WISSEN

Stabile Seitenlage in steilem Gefälle, Druckverband bei stark blutenden Wunden und Verletzte richtig erstversorgen: Hilfreiche Tipps aus dem Alpinen Erste-Hilfe-Kurs der Ortovox Safety Academy für alle, die gerne draußen unterwegs sind.

Erste-Hilfe am Berg ist anders als Erste-Hilfe in Alltagssituationen. Zum einen ist beim Wandern, Bergsteigen, Klettern oder auf Hochtouren das Risiko für Unfälle oder plötzliche Erkrankungen oft höher. Zum anderen kann man sich im Gebirge nicht darauf verlassen, dass professionelle Sanitäter oder ein Arzt innerhalb weniger Minuten zur Verfügung stehen. In Kooperation mit der Ortovox Safety Academy bietet die Erste-Hilfe-Expertin Dani Hornsteiner mit ihrem Team deshalb spezielle Schulungen an, in denen Inhalte speziell für Bergsteiger, die sich im alpinen Gelände bewegen, vermittelt werden. Wir haben den Kurs in Krün in der Alpenwelt Karwendel besucht und waren begeistert! Im Folgenden haben wir die wichtigsten Tipps der Alpinen Erste-Hilfe für dich zusammengefasst: 

 

SCHRITT FÜR SCHRITT MIT DEM NOTFALLALGORITHMUS

Unser Kursleiter für dieses Wochenende ist Martin Bischof. Der leidenschaftliche Mountainbiker arbeitet als Bike-Guide für Alpenüberquerungen aber auch im Rettungsdienst der Notfallrettung. Martin startet den Kurs mit einer kurzen Theorieeinheit. Denn eines gilt am Berg besonders: Nur wer die Ruhe bewahrt, handelt sinnvoll! Schritt für Schritt besprechen wir die einzelnen Maßnahmen, die zu treffen sind, wenn man einen Verletzten oder einen Unfall vorfindet. 

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Kursleiter Martin Bischof

Der Notfallalgorithmus zum Einprägen: 

Der erste Teil des Algorithmus ist immer gleich: Während man sich möglichst in Ruhe einen Überblick über die Situation verschafft, sollte gegebenenfalls die Unfallstelle abgesichert beziehungsweise der Verunglückte aus der Gefahrenzone gebracht werden. Es folgt der Erstkontakt, der sogenannte Disko-Dreier. Erst einmal anschauen, dann ansprechen und zu guter Letzt erst anfassen – wie an der Bar in der Disko: Nie in der falschen Reihenfolge. Wenn man als Gruppe unterwegs ist, sollte der Verletzte eine Bezugsperson haben, die sich auch nicht verändert. Im Kontakt gilt es herauszufinden, ob die Person ansprechbar, gestürzt oder nicht gestürzt ist und normal atmet. 

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Notfallalgorithmus © ORTOVOX / Dani Hornsteiner

Für den Fall, dass durch starken Wind oder dicke Kleidung schwer auszumachen ist, ob die Person normal atmet, hat Martin einen Tipp: Einfach die Sonnenbrille vor Mund und Nase des Bewusstlosen halten. Selbst bei Umgebungstemperaturen bis 25 Grad Celsius sollte diese bei normaler Atmung beschlagen. Der Ersthelfer bestimmt dann auch, ob und wann der Notruf abgesetzt wird.

 

DEN NOTRUF RICHTIG ABSETZEN

Dann geht es endlich raus in die Natur. Von Krün aus entlang der Isar in die Hüttlebachklamm. Kurz vor dem Klammeingang stoppt Martin die Gruppe: „Stellt euch vor wir hätten jetzt hier einen Notfall, ihr müsstet die 112 wählen und der Dienstleitstelle sagen wo ihr seid. Könnt ihr das mal beschreiben?“ Er blickt in zehn fragende Gesichter. Wir waren alle gemütlich hintereinander hergelaufen, hatten gequatscht, unser Pausenbrot gekaut. Keiner hatte auf Wegweiser geachtet, geschweige denn das GPS mitlaufen lassen. Martin erklärt: Wer in den Bergen unterwegs ist, sollte sich immer lokalisieren können und aufmerksam sein. Beim Notruf sollten die fünf W-Fragen beantwortet werden:

1. Wo bist du?

2. Was ist passiert?

3. Wie viele Beteiligte gibt es?

4. Welche Verletzungen liegen vor?

5. Warte gegebenenfalls auf einen Rückruf!

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Über die App EchoSOS kann dich die Leitstelle orten

Sollte sich die Situation verschlechtern, indem zum Beispiel einer der Verletzten ohnmächtig wird, muss der Notruf unbedingt darüber informiert werden. Martin hat auch noch den ein oder anderen technischen Tipp für das Absetzen des Notrufs parat: Beim Anruf über die App „SOS EU ALP“ können in den Gebieten Tirol, Südtirol und Bayern die Positionsdaten direkt mit der zuständigen Leitstelle geteilt werden. Noch besser, weil unabhängig von Regionen, ist die App „EchoSOS“. Wird der Notruf aus dieser App gewählt, findet die App den Standort. Man teilt der Leitstelle dann einfach mit: Sie können meine Handynummer auf Echosos.com eingeben und damit meine Position sehen. Das funktioniert weltweit und unabhängig von Datenroaming. 

 

TEAMWORK IST ALLES, ABER EINER HAT DEN HUT AUF

Bei den Fallbeispielen in der Natur, die Martin mit uns durchführt, merken wir schnell: Wenn man als Gruppe unterwegs ist, übernimmt automatisch eine Person die Leitung und Aufgabenverteilung. Einer setzt den Notruf ab, einer sichert die Unfallstelle und eine oder mehrere Personen kümmern sich um den bzw. die Verletzen. In Situationen, in denen es mehrere Verunglückte gibt, bricht schnell Chaos aus. Dann ist es wichtig, dass der „Einsatzleiter“ den Überblick behält und um Zweifel ein „10 für 10“ einberuft – eine kurze 10-sekündige Zusammenkunft, in der das Vorgehen für die nächsten 10 Minuten besprochen wird. 

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Erste Hilfe leisten im Team: Einer übernimmt die Rolle des Einsatzleiters

Wer alleine im Gebirge ist und auf einen oder mehrere Verunglückte trifft, muss sehr bewusst priorisieren. Noch schwieriger wird es, wenn es am Unglücksort keinen Handyempfang gibt und man entscheiden muss ob man den Verletzten alleine lässt, um einen Notruf abzusetzen. Martin empfiehlt: „Natürlich kommt das ganz auf den Zustand der Person an. Bei nicht ansprechbaren Verletzten ist das Risiko aber oft zu groß. Bin ich gerade unterwegs, wenn die Person aufhört zu atmen, wird wichtige Zeit verloren. Dann würde ich eher darauf hoffen, dass bald jemand vorbeikommt, den ich losschicken kann, um zu telefonieren.“ 

 

ERSTE-HILFE-SET UND WAS SONST NOCH MITKOMMT

Ein gut ausgestattetes Erste-Hilfe-Set gehört in jeden Rucksack. Wer oft im Gebirge unterwegs ist weiß das. Im Video erklärt Dani Hornsteiner die wichtigsten Eigenschaften, die dein Erste-Hilfe-Set mitbringen sollte: 

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Im Alpinen Erste-Hilfe-Kurs lernen wir die grundsätzlichen Anwendungsmöglichkeiten von Verband, Dreieckstuch und Co. So lässt sich das Dreieckstuch zum Beispiel in wenigen Griffen als Armschlinge, Tragering oder Kopfverband einsetzen. Martin empfiehlt darüber hinaus noch eine gut funktionierende – nicht die im Standardset mitgelieferte – Schere, eine elastische Binde, eine Kühlkompresse sowie eine Zeckenkarte in das persönliche Erste-Hilfe-Kit zu packen. Damit ist man gut ausgestattet.

ERKENNEN UND VERSORGEN: DIE WICHTIGSTEN ERSTE-HILFE MASSNAHMEN AUS DEM KUR

In zwei intensiven Kurstagen lernen die Teilnehmer des Alpinen Erste-Hilfe-Kurs an praktischen Beispielen wie sie Symptome für gewissen Verletzungen und Krankheiten am Berg erkennen und bestmöglich erstversorgen. Von Atemproblemen – ausgelöst durch Asthma, Allergischen Schock, -Schockanfall, Herzinfarkt und Co – bis hin zu Erschöpfung durch Überanstrengung, Erfrierung und Verbrennung. Die Lerninhalte sind umgreifend und gleichzeitig durchwegs realistisch. Dazu werden Maßnahmen wie der Bodycheck 5B (Birne, Brust, Bauch, Becken, Beine), bei dem der gesamte Körper nach einem Sturz sorgfältig nach inneren Blutungen abgetastet wird sowie Reanimation und der Einsatz eines Defibrillators unterrichtet und jeweils und soweit möglich durch Fallbeispiele verinnerlicht. Auch die Erstversorgung von Wunden, das Erkennen eines Schlaganfalls und wie man bei Unterkühlung reagieren sollte, gehören dazu. 

Ob Bergsteiger, Skitourengehen oder Mountainbiker – jeder der gerne im Gebirge unterwegs ist, sollte wissen, wie er in solchen Situationen reagiert. Eins steht fest: Mit dem Alpinen Erste-Hilfe-Kurs im Gepäck macht die Planung der nächsten Touren noch mehr Spaß!